Tag des offenen Denkmals in der Wallfahrtskirche Maria Gern
Von kostbaren Prunkgewändern und einem nackten Frauenbein
Im Rahmen des bundesweiten "Tages des offenen Denkmals" konnten auch gewöhnlich nicht zugängliche Bereiche der Wallfahrtskirche Maria Gern besichtigt werden, beispielsweise die Orgelempore sowie die untere und obere Sakristei. In drei Kurzvorträgen erklärte Kreisheimatpfleger Johannes Schöbinger den zahlreichen Besuchern die Baugeschichte sowie die Innenausstattung des barocken Kleinods.
Besonders wies er auf die einzigartige, reich mit Akanthusranken, Putten und bemalten Medaillons verzierte Gewölbedecke hin. Die mehr als dreißig Fresken schuf der Höglwörther Laienbruder Christoph Lehrl. Er führte die Arbeiten ohne Bezahlung aus, erhielt allerdings eine "reichliche Verzöhrung". Diese Verköstigung an 40 Tagen verursachte die nicht unerheblichen Kosten von insgesamt 61 Gulden. Die Bilder in der Längsachse stellen einen Zyklus des Marienlebens dar. Dieser beginnt über dem Hochaltar mit der Erschaffung der Welt durch die Dreifaltigkeit.
Die Geburt Christi in Bethlehem
Die Huldigung der drei Weisen aus dem Morgenland
Die Beschneidung Jesu
Ausschnitt aus dem zentralen Deckenfresko: Maria Immaculata, auf der Weltkugel stehend
Sendung des Heiligen Geistes auf Maria im Kreis der Apostel
Den hinteren Abschluss des Marienzyklus bildet ein Bild über der Orgelempore: Maria wird im Himmel durch die Dreieinigkeit gekrönt. Anlässlich einer Renovierung wurden die Deckenfresken 1874 durch Sebastian Forster aus Laufen übermalt; 1968/69 wurden die Originalfresken von Christoph Lehrl wieder freigelegt.
Im Mittelpunkt des Interesses stand am Tag des offenen Denkmals natürlich das Gnadenbild aus dem Jahr 1666, dessen 350-jähriges Jubiläum vor Kurzem mit einem festlichen Feldgottesdienst beim Seidenlehen gefeiert worden war. Das Gnadenbild, das Maria mit dem Kind zeigt, war - wie sonst nur in der Advents- und Fastenzeit - unbekleidet, sodass es zur Gänze in seiner ursprünglichen Form und Fassung bewundert werden konnte.
An der Vorderseite des Gnadenbild-Sockels steht zu lesen: "Gott dem Allmechtigen Unserm Allerliebsten Herrn Jesu Christij und seiner Allerheiligsten Muetter der Junckfrauen Maria zu Lob und Ehren Hat Wolf Hueber nun Gott sei danckh über 36 Jar Hochfürstlich Saltzburgl. Undterwaldmaister in der Herrschaft Ytter zu gedechtnus seines lieben Vattern und Muettern Georgen Hueber, so ein Hauß und Sag in der Gern aufgepaut hat, und Catharina Jägerin seiner haußfrau, auch vor Eltern seeligen, Item befreundten und Landsleithen dises Bild selbst gemacht Mallen lassen und in dise Capellen gegen Berchtolßgaden in die Gern auf der Schwitz VerEhrt. Ao 1666."
Seit Kurzem ziert wieder ein barocker Baldachinhimmel den Hochaltar mit dem Gnadenbild. Unter dem Gnadenbild steht in Goldbuchstaben auf blauem Grund: "Wer zu mir kombet in die Gern / dem will ich seine bitt erhörn / ein Muetter ich mich zeigen will / der Zeichen suecht, hier findt er vill."
Auf beiden Seiten des Gnadenbildes befinden sich zwei geschnitzte Figuren: links die heilige Anna, die Mutter Mariens, sowie rechts der heilige Joachim, der Vater Mariens.
In engem Zusammenhang mit dem Gnadenbild und der Wallfahrt stehen die etwa 130 Votivtafeln, auf die der Kreisheimatpfleger ebenfalls zu sprechen kam. Die meisten Votivbilder stammen aus dem Zeitraum von 1618 bis 1795. Sie sind nicht nur ein Zeichen der Volksfrömmigkeit, sondern auch Zeichen der Dankbarkeit für Gebetserhörung.
Im filigranen Auszug des Hochaltars besiegt der Erzengel Michael mit dem Flammenschwert den gefesselten Drachen. Der Kreisheimatpfleger wies darauf hin, dass Letzterer interessanterweise mit einem unbekleideten Frauenbein dargestellt ist - wohl als damals sehr gewagtes Zeichen für die Versuchung.
Auf dem Altar konnten ein paar Prunkgewänder für das Gnadenbild - es gibt davon mehr als 20 - aus der Nähe bewundert werden. Größtenteils aus dem 18. Jahrhundert stammend sind sie in verschiedenfarbigem Seidendamast mit Goldstickereien, Steinbesatz und Gold- oder Silberborten reich gearbeitet.
Auch zwei Rokoko-Krippen und ein barockes Krippenkästchen konnten besichtigt werden.
Außerdem waren Messkelche, eine Monstranz und eine Messkännchengarnitur zu sehen, ebenso ein kostbares Kreuzpartikelreliquar.
Zahlreiche Gäste, aber auch etliche Bewohner der Gern nahmen die Gelegenheit wahr, am Tag des offenen Denkmals mehr über das Wallfahrtskirchlein zu erfahren.
Ausschnitt aus dem Kreuzaltar (linker Seitenaltar)
"... der Zeichen suecht, hier find er vill."
Fotos: Andreas Pfnür
11. September 2016