Mariä Lichtmess – letztes Aufleuchten weihnachtlichen Glanzes

Betrachtungen von Pfarrer Msgr. Dr. Thomas Frauenlob

Eine heilige Zahl in der Bibel ist die „Vierzig“. Sie ist stets positiv mit Heil und Gottesnähe verbunden: Vierzig Jahre zog das Volk Israel nach der Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei durch die Wüste und verließ sich voll auf Gott, der es nährte, schützte und den Weg wies bis ins gelobte Land. Der Prophet Elija in einer Phase der Depression wanderte vierzig Tage durch die Wüste zum Berg Horeb, um in einer Gotteserfahrung gestärkt wieder seinen Dienst aufzunehmen. Vierzig Tage hielt sich Jesus nach der Taufe durch Johannes in der Wüste auf, um am Ende den Versuchungen von Macht und Sensation zu widerstehen und aus der Unbekanntheit in das Rampenlicht der Öffentlichkeit zu treten und seine Mission zu beginnen. An diesen Wüstenaufenthalt Jesu orientieren sich die vierzig Tage der Fastenzeit, als Zeit der Läuterung und Vorbereitung auf die Kar- und Ostertage, die Feier von Leiden, Tod und Auferstehung Jesu. Wiederum vierzig Tage liegen schließlich zwischen dem Osterfest und Christi Himmelfahrt.

Ostern und Weihnachten dauern gleich lang

Ganz ähnlich zum Osterfest gibt es auch rund um das Weihnachtsfest eine Vierzig Tage-Einteilung. Parallel zum Karneval (d. h. „Fleisch ade!“) als den kulinarischen und lebensgenüsslichen Schlusspunkt und Übergang zur Fastenzeit stand früher an St. Martin das letzte erlaubte Festessen, das „Martiniganserl“. Übrigens endete diese Zeit der Enthaltsamkeit erst nach der Christmette - der Heilige Abend war und ist im Bewusstsein vieler nach wie vor ein Fasttag.

Auch wenn nach den Reformen der Festzeiten im Gefolge des Zweiten Vatikanischen Konzils die Weihnachtszeit nach dem zweiten Sonntag im Januar mit der Taufe des Herrn endet, so dauert sie in der älteren Tradition genau vierzig Tage bis zum 2. Februar. Sichtbar wird diese Diskrepanz zwischen alter Zeiteinteilung und neueren liturgischen Entwicklungen dadurch, dass die Christbäume in den Kirchen und – Gott sei Dank – in Berchtesgaden auch am Schachern- und am Gollenbachkreuz, ja auch in einzelnen Familien in diesen Wochen noch festlich leuchten. Den Abschluss der weihnachtlichen vierzig Tage bildet ein Fest in dem der weihnachtliche Glanz nochmals aufleuchtet: In der Tradition „Mariä Lichtmess“ oder heute „Darstellung des Herrn“ genannt.

Von „Mariä Lichtmess“ zur „Darstellung des Herrn“ - aus einem Marienfest wird ein Christusfest

Der Festinhalt wurzelt in der jüdischen Tradition, nach der jede männliche Erstgeburt Eigentum Gottes ist und erst „ausgelöst“ werden muss. „Darstellung“ meint also: Das Kind wird Gott präsentiert oder wie ein Königskind nach der Geburt öffentlich hergezeigt. Die „Auslöse“, für eine Erstgeburt besteht nach der jüdischen Tradition - wie der Evangelist Lukas betont – bei armen Leuten „in zwei Turteltauben oder zwei jungen Tauben“ für den Tempel. Aber auch ein zweiter, sehr archaischer Aspekt ist im Judentum wichtig: Die Mutter des neugeborenen Kindes war durch den Blutverlust bei der Geburt kultisch unrein geworden. Nach einer gewissen Zeit – vierzig Tage – galt sie wieder als rein und brachte dafür ein so genanntes Reinigungsopfer dar. Daher hieß das Fest gelegentlich auch „Mariä Reinigung“.

Über dieses jüdische Ritual hinaus steht im Evangelium die „Darstellung des Herrn“ theologisch im Zusammenhang des schrittweisen Öffentlich-Werdens der eigentlichen Rolle Jesu, schließlich ist Jesus Christus in der Unscheinbarkeit eines Stalles ziemlich unköniglich geboren. Wer sollte da den zukünftigen Messias erkennen? In verschiedenen Episoden wird symbolisch seine eigentliche Bedeutung enthüllt: Vor den Hirten für die Juden und den Sterndeutern für die Heiden und die ganze Welt. Vor den Gelehrten im Tempel, die der Zwölfjährige mit seinem Wissen verblüfft. Auch unmittelbar vor dem öffentlichen Auftreten Jesu sind es einzelne Episoden, die das Wesen Jesu „outen“: Die Stimme aus dem Himmel nach der Taufe Jesu, sein erstes Wunder, die Weinvermehrung bei der Hochzeit zu Kana oder die ersten Heilungen. In die sogenannte Kindheitsgeschichte gehört aber noch die Darstellung im Tempel in Jerusalem, wo der greise Simon und die Prophetin Hanna den Sohn Gottes erkennen (Lk 2,22-40), eben dem Festinhalt des 2. Februar.

Das Fest „Mariä Lichtmess“ ist – auch wenn es heutzutage fast aus dem Blick gerät – eines der ältesten der Kirche. Seit Anfang des 5. Jahrhunderts wurde es in Jerusalem am 40. Tag nach der Geburt Jesu gefeiert. In Rom wurde es um das Jahr 650 als Feiertag eingeführt. Seit dem 11. Jahrhundert kam der Brauch der Kerzensegnung und der Lichterprozessionen auf. An Lichtmess wurden die für das nächste Jahr benötigten Kerzen der Kirchen und der Familien gesegnet.

Die Gläubigen sind heutzutage auch dazu eingeladen, Kerzen für die Gottesdienstfeier in den Kirchen zu spenden. Die Kerze kann dabei ein Symbol sein für manches Anliegen, manche Sorge oder auch Dank – so wie es an Wallfahrtsorten oft geschieht. Das Licht einer noch so kleinen Kerze vermag einen dunklen Raum zu erhellen. Gerade in den dunklen Wochen der Corona-Einschränkungen ist der Wunsch nach Licht, menschlicher Wärme und kleinen Hoffnungszeichen besonders intensiv zu spüren. Es ist ein gutes Gefühl, wenn „meine“ Kerze beim Gottesdienst brennt.

Seit 1997 ist der 2. Februar in der katholischen Kirche auch der "Tag des geweihten Lebens". Papst Johannes Paul II. richtete ihn als Tag des Dankes und der Bitte für Menschen ein, die sich als Ordensleute ganz Gott zur Verfügung stellen.

Mariä Lichtmess markiert den Beginn des Frühjahrs

Auch in anderer Hinsicht war der 2. Februar in früheren Zeiten von größter Bedeutung: Die Dienstboten erhielten ihren Jahreslohn und konnten auch ihre Stellen wechseln, woher der Begriff „Schlenkertag“ kommt. Zugleich begann um Lichtmess die Vorbereitung auf die neue Feldarbeit. Die Wetterregeln handeln von der Vorfreude auf das Frühjahr: "Wenn es an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit." Hoffnung auf den Frühling macht auch, dass der Schnee weicht und die Tage spürbar länger hell bleiben. Der Volksmund schlägt mitunter gar einen Bogen vom Martinstag am 11. November zu "Lichtmess": "Martin zünd' Licht an; Maria bläst's wieder aus". Damit sind die zwei Mal vierzig Tage treffend umfasst: Die Vorbereitung auf und die Feier des Weihnachtsfestes.

Kerzen in der Wallfahrtskirche Maria Gern
Kerzen brennen in der Wallfahrtskirche Maria Gern

Bericht: Dr. Thomas Frauenlob
Bild: Andreas Pfnür

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