"Von guten Mächten wunderbar geborgen ..."

Simmungsvolle Jahresschlussandacht in der Stiftskirche

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"Der Jahreswechsel ist ein Moment des Innehaltens", sagte Pfarrer Dr. Thomas Frauenlob in der Jahresschlussandacht, "man blickt zurück auf das abgelaufene Jahr und nach vorne auf das neue Jahr 2020." Er hoffe, dass jeder im Jahr 2019 einen Grund hatte, Dank zu sagen. Er persönlich blicke auf viele schöne Ereignisse zurück, beispielsweise die Gründung des erweiterten Pfarrverbandes Stiftsland im Juni oder die abgeschlossene Renovierung des Pfarrhauses. Das Pfarrbüro sei nun für alle, auch für Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung, problemlos zu erreichen. Dank sagte er allen Mitarbeitern sowie allen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, beispielsweise in der Erstkommunion- oder Firmvorbereitung. Danken wolle er auch allen, die sich im Jahr 2019 trauen ließen oder ihr Kind taufen ließen. Allerdings musste die Pfarrei auch von 135 Menschen Abschied nehmen.

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"Am Jahreswechsel richten wir den Blick auch nach vorne", so Frauenlob, "wir wissen aber nicht, was kommen wird. Polarisierungen nehmen immer mehr zu und Hysterie und Empörungsmechanismen überlagern oftmals die eigentlichen Ereignisse." In dieser Situation sei es hilfreich, den Blick auf ein Gedicht zu richten, das vor 75 Jahren, zu Neujahr 1945, geschrieben wurde. Es ist das Gedicht "Von guten Mächten ...", das Dietrich Bonhoeffer als Weihnachtsgabe und Abschiedsgeschenk an seine Familie dem letzten Brief beilegte, den er aus dem Gestapo-Keller an seine Verlobte Maria von Wedemeyer schrieb. Seine Situation war zum Jahreswechsel 1944/45 eigentlich hoffnungslos: Seit drei Monaten im Gestapo-Keller festgehalten, sollte er im Februar 1945 in ein Konzentrationslager kommen und im April 1945 hingerichtetr werden. Was er unter den guten Mächten versteht, führt er in dem Brief näher aus: "Ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, je stiller es um mich herum geworden ist, desto deutlicher habe ich die Verbindung mit Euch gespürt. Es ist, als ob die Seele in der Einsamkeit Organe ausbildet, die wir im Alltag kaum kennen. So habe ich mich noch keinen Augenblick allein und verlassen gefühlt. Du, die Eltern, Ihr alle, die Freunde und Schüler im Feld, Ihr seid mir immer ganz gegenwärtig. Eure Gebete und guten Gedanken, Bibelworte, längst vergangene Gespräche, Musikstücke, Bücher bekommen Leben und Wirklichkeit wie nie zuvor. Es ist ein großes unsichbares Reich, in dem man lebt und an dessen Realität man keinen Zweifel hat."

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Das Allerheiligste wurde auf dem Zelebrationsaltar, direkt über der Krippe mit dem Christkindl, ausgesetzt. Für jedes Gebetsanliegen entzündeten Ministrantinnen eine Kerze. 

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Nach einer Prozession durch die Kirche bedankte sich Pfarrer Frauenlob bei Monsignore Wolfgang Sauer für die Konzelebration, außerdem dankte er für die musikalische Ausgestaltung der Andacht durch die Stiftsschola sowie Simon Kohl (Orgel) und Martin Brandner (Trompete). "Mögen Sie im neuen Jahr ein ähnliches Gottvertrauen haben, wie es Dietrich Bonhoeffer vor 75 Jahren hatte", wünschte er den Gottesdienstbesuchern, bevor er sie segnete. Traditionell wurde die Kirche danach abgedunkelt und gemeinsam sang man "Stille Nacht, heilige Nacht". 

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Von guten Mächten treu und still umgeben,
Behütet und getröstet wunderbar,
So will ich diese Tage mit euch leben
Und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
Noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach, Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
Das Heil, für das du uns geschaffen hast. 

Und reichst du uns den Kelch den bittern,
des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand,
So nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
Aus deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
An dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
Dann wolln wir des Vergangenen gedenken
Und dann gehört dir unser Leben ganz.

Lass warm und hell die Kerzen heute flammen,
Die du in unsre Dunkelheit gebracht.
Führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
So lass uns hören jenen vollen Klang
Der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
All deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen
Erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
Und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

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Andreas Pfnür
31. Dezember 2019

 

 

 

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