"Auf den Punkt gebracht." – Wie die Hl. Pforte den Glauben konkret macht

Es war unabgesprochen und ergab sich wie von selbst: Kaum waren wir durch die Hl. Pforte durch, steckten wir die Köpfe zusammen wie Eishockeyspieler vor dem Anpfiff, sprachen das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser. Dann umarmten wir uns gegenseitig und wünschten uns "happy millennium". So geschehen, als ich im Jubiläumsjahr 2000 zum Weltjugendtag in Rom war. Ein unvergesslicher Moment, viel eindrücklicher als Silvester oder sonst etwas beim Übergang ins neue Jahrtausend.

Die Pforte der Barmherzigkeit der Stiftsbasilika St. Martin Landshut - Das Brautportal © Verlag Gregor Peda, Passau

Die Pforte der Barmherzigkeit der Stiftsbasilika St. Martin Landshut - Das Brautportal © Verlag Gregor Peda, Passau

Die Heilige Pforte wird geöffnet ©Robert Kiderle

Die Heilige Pforte wird geöffnet - © Robert Kiderle

Seit der "Erfindung" der Hl. Pforte im Heiligen Jahr 1400, hundert Jahre nach dem ersten Heiligen Jahr 1300, ist sie ein geniales pastorales Instrument. Sie macht den Glauben konkret. Ein langer Pilgerweg findet sein Ziel: Angekommen! Ein komplexer Prozess der inneren Erneuerung wird markiert: Jetzt gilt's! Was viele einzeln tun, wird gebündelt zur Kirche: Alle gehen durch, ohne Unterschied! Immer gilt: Gott ist barmherzig. Mit dem Gang durch die Pforte wird es ein besonderer Moment der Gnade: Ja, wirklich!

Für die geistliche Deutung gibt es das biblische Wort Christi: "Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden." (Joh 10,9). Das Durchschreiten des Kirchenportals bedeutet, durch Christus auf Gott, den Vater, zuzugehen. Das ist der entscheidende Schritt des Glaubens. Christus ist, worauf Papst Franziskus nicht müde wird hinzuweisen, "das Antlitz der Barmherzigkeit des Vaters. Das Geheimnis des christlichen Glaubens ist in diesem Satz auf den Punkt gebracht."

Jeder darf die Pforte der Barmherzigkeit durchschreiten, ohne Vorbedingungen. Er wird in dem Maß davon geistlichen Gewinn haben, als er oder sie fähig ist, sein Herz zu öffnen und die Barmherzigkeit Gottes an sich heran zu lassen – und vor allem, sie weiter zu geben. Es gibt viele Gelegenheiten, Gutes zu tun, beispielhaft die klassischen "Werke der Barmherzigkeit".

Es geht aber noch eine Stufe konkreter. Wer will, kann das Hl. Jahr – wieder mit den Worten von Papst Franziskus – "als einen Moment außerordentlicher Gnade und spiritueller Erneuerung leben" und mit dem Durchschreiten der Heiligen Pforte einen Ablass gewinnen. Dazu gehört die sakramentale Beichte, der Empfang der Kommunion, ein Gebet in den Anliegen des Papstes und der bewusste Gang durch die Pforte im Willen, sich von aller Sünde abzukehren. Der Ablass versteht sich als Befreiung vom schalen Nachgeschmack der Sünde, von der schlechten Gewohnheit, die zum Rückfall verführt, und von der Mutlosigkeit, es doch nicht (wieder) gut machen zu können. Positiv ist es der freudige Anschluss an die Kirche in ihrer besten Form, an die Gemeinschaft mit Christus und den Heiligen. Gott ist immer barmherzig. Das Nadelöhr der Hl. Pforte macht das konkret. Die Barmherzigkeit Gottes "wird zum Ablass", schreibt der Papst, so dass der Sünder, dem vergeben wurde, "wieder neu aus Liebe handeln kann und in der Liebe wächst". Dafür stehen die "Pforten der Barmherzigkeit" offen.

Der Autor, Msgr. Dr. Franz Joseph Baur, Stiftspropst in Landshut, wurde 1993 zum Priester geweiht. Am 13. Dezember 2015 öffnete auch er eine Pforte der Barmherzigkeit in seiner Basilika St. Martin.

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