In Zeiten der Milchkrise

Laudato sì wird bei den Milchwerken Berchtesgadener Land umgesetzt - Papst Franziskus würde wohl hocherfreut sein!

Dekanatskonferenz besucht die Milchwerke Berchtesgadener Land

Dekanat Berchtesgaden: Die Milchkrise spitzt sich weiter zu. Der Preis, den Bauern von den Molkereien erhalten, ist innerhalb weniger Wochen um weitere 30 Prozent gefallen. Erstmals bekommen Milchbauern weniger als 20 Cent für ein Kilogramm Frischmilch. Viele landwirtschaftliche Betriebe bangen um ihre Existenz. Für die Dekanatskonferenz des Dekanates Berchtesgaden Grund genug, sich bei den Milchwerken Berchtesgadener Land vor Ort einen Einblick über die Lage der heimischen Milchwirtschaft zu verschaffen.

Was ein bisschen wie der Kampf von David gegen Goliath aussieht, erweist sich bei näherer Betrachtung als ein Konkurrenzkampf, der in verschiedenen Ligen der industriellen Milchverarbeitung stattfindet. In der einen versuchen sich die Großkonzerne zu behaupten und in der anderen agieren kleinere Unternehmen, die häufig von einer eigenen Unternehmensphilosophie geprägt sind. Zu ihnen gehört die mittlerweile weit über ihre heimatlichen Grenzen hinaus bekannte Molkerei in Piding.

Dort gelingt es den Verantwortlichen ein weitgefasstes Fair-Trade-Konzept mit modernen Hightech-Verfahren auf Basis einer klassisch traditionellen Landwirtschaft erfolgreich umzusetzen. Aber das allein ist noch nicht das Erfolgsrezept. Das gründet auf der Kooperation mit den knapp 1800 Milchlieferanten aus der Region in einem Genossenschaftsverbund. Die Bauern reden beim Preis mit und der liegt derzeit bei etwa 42 Cent. Von Milchkrise also keine Spur im Berchtesgadener Land?

Geschäftsführer Bernhard Pointner gibt sich diesbezüglich eher zurückhaltend. Erst im letzten Winter musste er einigen einheimischen Bauern mächtig ins Gewissen reden. Die begannen nach dem Fall der Michquote und entgegen den Empfehlungen der Molkereileitung ihre Milchproduktion hochzufahren. Er habe sie einzeln aufgesucht und zum Einlenken gebracht, so Pointner: „Hier war Überzeugungsarbeit zu leisten!“ Pointners Argumente hinsichtlich der solidarischen Grundsätze einer Genossenschaft wirkten stichhaltig.

Bereits im Jahre 2010 hatten sich die Landwirte verpflichtet ausschließlich gentechnikfreie Futtermittel zu verwenden. Das Unternehmen setzt auf Qualität und Nachhaltigkeit. „Die Großen können zwar gut und billig, aber wir können qualitativ gut“, so Pointner. Die Gewinnmaximierung sei nicht Ziel des betriebswirtschaftlichen Kalküls. Absolute Priorität habe die Qualität der Milchprodukte. Und die versuche das Unternehmen mittels umfangreicher Kontrollsysteme systematisch umzusetzen. Die Bergbauernmilch und die Bio-Spezialitäten sind die Kernprodukte. Für sie sind die Kunden in Flensburg oder Berlin bereit, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Denn Qualität hat seinen Preis.

850.000 Liter Milch werden von 380 Mitarbeitern tagtäglich verarbeitet und transportiert. Viele der Angestellten fühlen sich dem Haus ein Berufsleben lang verbunden. Sie kommen in den Genuss umfangreiche Sozialleistungen, eines guten Betriebsklimas und einer qualitativ sehr hochwertigen Verköstigung in der Werkskantine. Im Gegenzug sorgen sie dafür, dass ein weiteres Anliegen des Unternehmens in die Tat umgesetzt wird: die Fairness.

Die Molkerei achtet beispielsweise darauf, dass auch die Bauern, die den Kakao für die Schokomilch anbauen, von ihrer Arbeit leben können und dass an der Ernte von Mangos keine Kinder beteiligt sind. Fairness und Nachhaltigkeit sollen selbst im Umgang mit den Kühen gelten. In Seminaren versucht man die Bauern davon zu überzeugen, auf herkömmliche Arzneimittel wie Antibiotika zu verzichten und stattdessen Tierarznei auf homöopathischer Basis einzusetzen. Durch die Beschaffung von Saatgut, das eine Vielzahl von Kräutern enthält, damit die Wiesen für die Kühe bunt, schmackhaft und gesund sind, fördert man die Biosphärenregion BGL.

Da verwundert es nicht, dass das Unternehmen bereits seit 1973 seine Bio-Produkte anbietet und mittlerweile zu den bedeutendsten Bio-Molkereien Deutschlands zählt. Die Produkte werden nicht nur im deutschen Naturkostfachhandel angeboten, sondern auch nach Italien, Österreich, die Benelux-Länder, Spanien und Griechenland geliefert. Doch das Berchtesgadener Land ist nicht das Land, in dem Milch und Honig fließt. Qualität hat nur so lange Bestand, wie der Kunde von ihr überzeugt ist und bereit, sie nach Hause in seinen Kühlschrank zu holen.

Die Bewahrung der Schöpfung durch Nachhaltigkeit, Fairness, soziale Gerechtigkeit und ein sicheres Auskommen für alle Beteiligten: die Priester, Diakone und Mitarbeiter der katholischen Einrichtungen und Laien der Dekanatskonferenz konnten für sich ein positives Fazit ihres Besuches ziehen. Des uneingeschränkten päpstlichen Wohlwollens dürfte das Pidinger Unternehmen außerdem sicher sein. Denn welches Kirchenoberhaupt hat jemals klarer Position hinsichtlich dieser Werte bezogen als Papst Franziskus.

 

Bilder / Impressionen:

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