Predigt von Erzabt Korbinian Birnbacher OSB anlässlich des 25-jährigen Priesterjubiläums von Msgr. Dr. Thomas Frauenlob

Lieber Thomas,
liebe Mitbrüder im priesterlichen und diakonalen Dienst,
Schwestern und Brüder im Herrn!

Dankbar kannst Du heute zurückblicken auf 25 Jahre priesterlichen Dienst. Und umso mehr kannst Du heute den Psalmvers beten, den Du Dir vor 25 Jahren als Deinen Primizspruch gewählt hast: Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat (Ps 103, 2). Genau das tun wir heute: Nicht vergessen, was der HERR Dir alles an Gutem getan hat!

Vor 25 Jahren wurdest Du in Rom in S. Ignazio zum Priester geweiht. Friedrich Kardinal Wetter, der damals selbst sein 40-jähriges Priesterjubiläum gefeiert hat, hat Dich zum Priester geweiht.Ich konnte damals leider nicht dabei sein, so gerne ich auch dabei gewesen wäre.

Aber bei Deiner Primiz in Piding war ich dabei. Ich war noch nicht Diakon. Ich durfte immerhin als Zeremoniar – die zahlreichen Mitbrüder „ordnend“ – mitwirken. Die Predigt hielt damals Weihbischof Engelbert Siebler, den wir gestern in Freising zur letzten Ruhe gebettet haben. Ich kann mich nicht mehr an viel erinnern, außer, dass Du damals unter anderem als Lesungstext die Stelle aus dem 19 Kapitel des 1. Königsbuches, die Begegnung des Propheten Elias am Berg Horeb mit Gott gewählt hast. Gott begegnet dem Propheten nach einem 40-tägigen Marsch durch die Wüste eben nicht im Feuer und im Erdbeben, sondern in einem sanften, leisen Säuseln. Ich erinnere mich deshalb so genau, weil es dieselbe Stelle aus dem alten Testament ist, die ich mir damals für meine eigene Primiz schon ausgewählt hatte.

Und ich erinnere mich auch noch, dass Weihbischof Siebler damals seine Predigt auf einem berühmten Zitat des Künstlers Joseph Beuys (1921-1986) aufbaute: „Zeig deine Wunde!“ Siebler verwies damals in seiner theologischen Betrachtung einerseits auf das Cuius livore sanati sumus (Jes 53,5 bzw. 1 Petr 2, 24) – durch seine Wunden sind wir geheilt! – der Passion Jesu Christi. Doch er verwies gerade mit Beuys auch darauf, dass der Priester nicht nur in einer unnahbaren, sakralen Aura schwebt, sondern stets auch bei den Menschen sein soll ... und deshalb auch selbst verletzlich ist ... und es auch sein darf!

Nun, lieber Thomas, wir alle – die meisten zumindest, die heute hier mit Dir feiern! – erleben Dich weniger als einen verletzlichen, sondern – Gott sei’s gedankt! - vielmehr als einen starken, selbstbewussten Mann, als eine überzeugende Priestergestalt mitten in der vollen Reife des Lebens. Gemeinsam mit Dir danken wir dem Herrgott dafür. Wir danken vor allem auch dafür, dass Du viel geleistet und vorangebracht hast.

Das heißt natürlich nicht, dass es nur auf den Erfolg ankommt - natürlich hätte es auch anders sein können! - und es heißt auch nicht, dass Du nicht auch andere Seiten hast. 25 Jahre bist Du jetzt im priesterlichen Dienst. In der lateinisch-römischen Zählart sind es quinque lustra – fünf mal fünf Jahre, die Du heute feiernd begehst. Jedes lustrum ist immer auch mit einem Reinigungsopfer verbunden. Deshalb ist es auch angebracht, heute Rückschau zu halten.

Was ist nicht alles gewesen in diesen 25 Jahren? Zunächst zwei Jahre Kaplan in der Pfarrei St. Martin Garmisch. Dann neun Jahre als Seminardirektor in Traunstein. Anschließend folgten sieben Jahre an der Bildungskongregation in Rom und jetzt bist Du schon wieder fünf Jahre Pfarrer und Dekan hier im schönen Berchtesgaden. Alles erfolgreiche, wertvolle und lehrreiche Jahre!

So glanzvoll Dein kirchlicher Ämterlauf nach außen auch aussehen mag – Du hast sehr viele Höhepunkte erleben dürfen, vor allem auch Deine persönliche Nähe zu Papst Benedikt XVI.! – Du hast in diesen 25 Jahren sicherlich auch schmerzliche Erfahrungen machen müssen und hast es wie jeder Mensch spüren müssen, dass Du - trotz des Schutzes der priesterlichen Weihe! - Gott sei Dank auch ein verletzlicher Mensch bist ... und es auch sein darfst.

Du hast Dir zur diesem heutigen Jubiläum zwei Texte ausgesucht die sehr gut zu diesem Anlass passen. Die Berufung zum christlichen Glauben ist eine Berufung in die Gemeinde der Glaubenden hinein. Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist (Eph 4, 4) hat es im Brief des Apostels Paulus an die Epheser geheißen. Jeder von uns empfing die Gnade in dem Maß, wie Christus sie ihm geschenkt hat. Und er gab den einen das Apostelamt, andere setzte er als Propheten ein, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, um die Heiligen für die Erfüllung ihres Dienstes zu rüsten, für den Aufbau des Leibes Christi (Eph 4, 7-12). Der Geist Gottes ist es, der den ganzen Leib beseelt, der ihm die Einheit gibt und der ihn aufbaut. Derselbe Geist aber offenbart sich auch in der Vielfalt der Gaben, die alle zum Aufbau des Ganzen notwendig sind. Christus, der Auferstandene, teilt jedem seine besondere Gabe und Aufgabe zu. Dir, lieber Thomas, hat er besonders viele Gaben mit auf den Weg gegeben!

Das Evangelium wiederum verweist auf das ständige Risiko, das der Glaube eben auch bedeutet. Die Lebenssituation der Christen, an die sich das Evangelium richtet, wird im Bild des Bootes dargestellt, das in Seenot geraten ist. In der Gesellschaft, in der die Jünger und ersten Christen lebten, werden sie wegen ihres Glaubens bedrängt oder gar verfolgt. Der Gegenwind ist so stark, dass ihre eigenen Kräfte nicht mehr ausreichen. In dieser Bedrohung kommt Jesus auf sie zu. Der Wind legt sich, die Gefahr ist vorüber. Der Glaube an Jesus kann uns halten, wenn wir unseren Blick in der Not nur nicht von IHM abwenden wie es Petrus getan hat, der zu sinken droht, als ihn die Angst vor dem Sturm überwältigt. Deshalb sollen wir mit den Augen des Glaubens sehen lernen, wo wir mit den Augen im Kopf an unsere Grenzen stoßen. Im Blick auf Jesus gibt uns der Glaube dann auch innere Sicherheit.

Lieber Thomas, so stark und selbstbewusst Du oft als Priester bist und Gott sei Dank auch so rüberkommst – und das ist gut so! – so verletzlich und schwach darfst Du beim HERRN sein. Priestersein heißt nicht primär, dass man perfekt sein muss und keine Schwächen zeigen darf. Priestersein heißt vor allem, dass man den HERRN im Blick haben muss. Wenn Dir das gelingen darf, dann drohst Du nicht als einzelner Priester unterzugehen, dann droht auch die Kirche als Ganzes nicht unterzugehen. Was ich damit wirklich meine, formuliert unübertroffen schön der Laudeshymnus, den Du sicher heute in der Frühe gebetet hast:

 

Herr, wenn wir fallen, sieh uns an
und heile uns durch Deinen Blick.
Dein Blick löscht Fehl und Sünde aus,
in Tränen löst sich unsre Schuld.

 

Lieber Thomas, möge Dich immer dieser heilende Blick Jesu treffen. Mögest Du Dich immer wieder – und besonders auch in schweren Stunden, die Dir ja auch nicht erspart bleiben! - an diesem heilenden Blick Jesu aufrichten können! Damit die Kirche in unserem Land und in unserer Zeit auch weiterhin einladend und heimatgebend sein darf, damit sie auch weiterhin mit Hirten wie Dir unterwegs sein darf ... eine Kirche der Begegnung mit dem HERRN ... eine Kirche, mit der man gerne mitgeht ... nicht eine, die zum Davonlaufen wäre!

Amen.

Erzabt Korbinian Birnbacher OSB

Predigt von Erzabt Korbinian Birnbacher OSB
anlässlich des 25jährigen Priesterjubiläums von Msgr. Dr. Thomas Frauenlob
am 21.10.2018 in der Stiftskirche Berchtesgaden

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