Niederheim - die ehemalige Stiftsland-Besitzung im Salzachtal
Exkursion des Heimatkundevereins und der Freunde des Heimatmuseums nach Leogang und St. Georgen im Pinzgau
Das Augustiner-Chorherrenstift Berchtesgaden hatte bis zur Säkularisation auch Besitzungen im Pongau (Judendorf bei Goldegg) und im Pinzgau (Gut Niederheim, heute St. Georgen). 200 Jahre lang wurde Niederheim von den Stöckls vom Schwarzecklehen (heute Stöckllehen) in der Ramsau verwaltet. Der Heimatkundeverein Berchtesgaden und die Freunde des Heimatmuseums Berchtesgaden begaben sich unlängst auf die Spuren der Stöckls im Salzachtal. Zuvor besuchten sie das erweiterte, im Mai 2019 neu eröffnete Bergbau- und Gotikmuseum in Leogang.
Der Kustos des Bergbau- und Gotikmuseums, Prof. Hermann Mayrhofer, führte die Gruppe selbst duch "sein" Museum, das nun aus zwei Häusern besteht, die durch eine unterirdische Ausstellungshalle verbunden sind. Mayrhofer, der Heimatverbundenheit und Weltoffenheit auf angenehmste Weise verkörpert, ist es gelungen, innerhalb weniger Jahre in dem 3.300-Einwohner-Ort ein Museum von Weltgeltung zu etablieren.
Die Mutter Mariens, die hl. Anna ist die Schutzpatronin des Silberbergbaus. Deshalb hat das Museum einen ganzen Raum verschiedenen Anna-Selbdritt-Darstellungen gewidmet. Derzeit läuft eine Sonderausstellung über "Schöne Madonnen in Salzburg". Um 1400 waren liebreizende Darstellungen der jungen Muttergottes, die das nackte Jesuskind in ihren Armen hält, sehr beliebt. Wegen der elegant geschwungenen Körperhaltung wurden sie als "Schöne Madonnen" bezeichnet.
Schöne Madonna, sogenannte Franziskaner-Madonna, um 1400, aus der Festung Hohensalzburg
"Anbetung der Könige", 1502, Altarschrein aus der Pfarrkirche Oppenberg von Erasmus Grasser (Ausschnitt)
"Geburt Christi", Ende 15. Jahrhundert
Nach dem Besuch des äußerst sehenswerten Bergbau- und Gotikmuseums Leogang ging die Fahrt, am Zeller See entlang, in das Salzachtal, wo das Augustiner-Chorherrenstift Berchtesgaden die Besitzungen "Niederheim" hatte. Diese umfassten 170 Liegenschaften mit 37 Höfen, 29 Hufen, 10 Häusern, 11 Mühlen, einigen Weingärten, Salzbrunnen und ansehnlichen Waldanteilen. Einem Amtmann, den das Stift Berchtesgaden bestellte, oblag die Gerichtsbarkeit über die Berchtesgadener Besitzungen. Seit 1500 hatte die Familie Stöckl vom Schwarzeck dieses Amt inne. Georg Stöckl, der den Titel Urbarpropst trug, erbaute zwischen 1500 und 1515 einen neuen Amtshof, das Schloss Heuberg. Nachdem dieses 1669 durch einen Brand schwer beschädigt wurde, ließ es Urbarpropst Adam Stöckl wieder herrichten.
Über dem Eingang befindet sich ein Wappenstein des Maximilian Heinrich aus Untersberger Marmor, der von dem Berchtesgadener Bildhauer Franz Keimhofer geschaffen wurde. Der Text lautet: "Dieses Haus, durch Brand im Jahre 1669 vernichtet, hat aus den Fundamenten errichtet der durchlauchtigste Maximilian Heinrich, Kurfürst von Köln, Herzog von Bayern und Berchtesgadener Administrator, im Jahr 1672". 1803 verlor das Stift Berchtesgaden durch die Säkularisation seinen Grundbesitz. Seit 1969 ist das Schloss Heuberg im Privatbesitz der Familie Porsche.
Dem Vorsitzenden des Heimatkundevereins, Alfred Spiegel-Schmidt, war es gelungen, dank des Entgegenkommens des Besitzers auch eine Besichtigung der im 1. Stock gelegenen Hauskapelle zu ermöglichen. Das Altarbild "Mariä Heimsuchung" stammt von Johann Franz Pereth.
Hoch über dem Talboden der Salzach liegt auf einem weithin sichtbaren Kirchenhügel die im Ursprung romanische Pfarrkirche zum hl. Georg.
Urbarpropst Jörg Stöckl stiftete 1518 zusammen mit seiner Frau Katharina Fuchs einen Seitenaltar aus Adneter Marmor zu Ehren der hll. Dionysius und Nikolaus, der seit 1969 als Hochaltar dient. Es ist der einzige gotische Marmoraltar im Salzburger Land.
Der Altar beteht aus vier optisch getrennten Teilen. Ganz oben befinden sich zwei Engel mit Leidenswerkzeugen und der Inschrift: "Das Werk hat lassen machen der weys und vest Jörg Stöckl am Schwarzeck derzeit Propst auf dem Heuberg 1518".
Links und rechts der darunter befindlichen Kreuzigungsgruppe sind die Wappen von Jörg Stöckl (Baumstumpf mit Bär) und seiner Frau Katarina (Fuchs).
Im Feld darunter folgt die Krönung Mariens durch die Heilige Dreifaltigkeit in Form von drei bärtigen Männern, flankiert vom hl. Dionysius und vom hl. Nikolaus.
Die dreigeteilte Predella zeigt in der Mitte den Patron der Kirche, den hl. Georg, links den Stifter Georg Stöckl mit seinem Ziehsohn Andreas Gratz und rechts die Stifterin Katharina Fuchs, die Ehefrau Jörg Stöckls.
Auch der Grabstein zeigt die beiden Familienwappen, darüber den Text: "Hier liegt der firsichtig und vest Jörg Stöckel am Swartzekh der gestorben ist". Da die Tafel kein Sterbedatum aufweist, ließ Stöckl sie wohl schon zu Lebzeiten anfertigen.
Auf dem Weg zum Kaffeetrinken im Kirchenwirt konnten die Berchtesgadener schließlich noch eine Tafel über dem Eingang mit den Wappen von Adam von Stöckl und Anna von Freising von 1643 sehen. Die Kombination Kunstgeschichte und Heimatgeschichte ist bei den Teilnehmenden der Exkursion auf großen Anklang gestoßen.
Andreas Pfnür
28. September 2019